Wolfgang Kutzner
Malerei und Fresken
Museum Römervilla, Bad Neuenahr-Ahrweiler


Einführung zur Ausstellungseröffnung am 17. Juni 2004

Schon immer haben sich Künstler in ihrer Inspiration, ihren Konzepten und in ihren Bildwelten auf vorangegangene Kunst bezogen. Das gilt für gegenwärtige und moderne Kunst genauso wie für viele Beispiele aus der Kunstgeschichte.

Und es sind auch immer wieder die ganz großen Künstler. Horst Janssen etwa setzte sich in Überarbeitungen oder Nachschöpfungen mit den Werken vieler Künstler unterschiedlichster Epochen und Kulturen auseinander, ein schönes Beispiel ist z.B. der Zyklus "Hokusais Spaziergang".

Ernst Ludwig Kirchner interpretierte afrikanische Stammeskunst vor allem in seinen Holzschnitten und in seinen weniger bekannten Skulpturen, Lovis Corinth verehrte und studierte Rembrandt und Franz Hals.

Über lange Zeit war es selbstverständlicher Teil der künstlerischen Ausbildung und Übung, die großen Meister vor dem Original in Sammlungen und Museen zu kopieren. Zu jeder Zeit wurden Skulpturen kopiert oder abgegossen, zuerst für die Fürstenhäuser, später auch für Wissenschaft und Lehre. Viele von Ihnen werden die Abgusssammlung der Universität Bonn kennen.

In mehr oder weniger großen Zeitabständen galt das Interesse der Antike, das beginnt bereits in ihr selbst: viele der vorhandenen griechischen Skulpturen sind Kopien aus römischer Zeit.

In der Renaissance wird die Wiedererstehung antiker Schönheitsideale gefeiert, man denke nur an Michelangelo und Raffael, beide zitieren in ihren Werken und Kompositionen immer wieder berühmte antike Werke. Nicht nur die Form wird im antiken Sinne wieder belebt, auch die Mythologie und Philosophie erhält Einzug in die Themen und Konzepte der Kunst.

In den folgenden Jahrhunderten kehrt der Bezug auf die Antike immer wieder und vermischt sich meist mit den großen Namen der Kunstgeschichte.

Um 1770 entsteht der Neoklassizismus, der sich z.B. auf den Maler Nicolas Poussin bezieht. Später folgten die Präraffeliten usw. und so fort.

Die Rezeption der antiken Kunst bezieht sich fast ausschließlich auf die Skulptur, auf das Ideal des menschlichen Körpers und in der Philosophie und Geschichte auf das Ideal des menschlichen Geistes.

Daß sich ein Künstler auf die antike Malerei bezieht, ist ausgesprochen selten, am ehesten noch haben sich die dekorativen Künste und die Innenarchitekten bei Wandgestaltungen auf sie bezogen.
Man denke z.B. an die antikisierenden Interieurs französchischer Schlösser des 16. und 17. Jahrhunderts oder an die Ausgestaltung der Bauten Leopold Klenzes in der Zeit Ludwigs I. in München.

In der zeitgenössischen Malerei hingegen kann ich vor allem einen Künstler benennen:
Wolfgang Kutzner.

Als sich Wolfgang Kutzner im Laufe des Jahres 1996 mit seinen Bildern bei mir vorstellte, war ich sehr angetan von der sehr eigenständigen Machart seiner Bilder und von der Ernsthaftigkeit seiner Themenfindung, für ihn sprach auch, dass ihm sehr an Kritik und am offenen Gespräch gelegen war.

Bei einem späteren Besuch in seinem Atelier sah ich erstmals seine den pompejanischen Fresken nachempfundenen Wandbilder und war fasziniert von der Wechselwirkung dieser Malerei und seinem eigenen künstlerischen Schaffen.

Die pompejanischen Wandmalereien, gerade mit ihren Zerstörungen und der Patina der Jahrhunderte interessierten Wolfgang Kutzner und er experimentierte mit Nachbildungen der Fresken. Und zwar in einer solchen Qualität, dass er bald Anfragen und Aufträge für Wandmalereien bekam, Aufträge, die ihn schließlich auch materiell absicherten. Aber eben nicht nur materiell, sondern ebenso in seinem künstlerischen Werdegang.

In einer 1997 von mir konzipierten Ausstellung mit Wolfgang Kutzner kombinierte ich seine Malerei, seine Zeichnungen und Collagen mit einigen Beispielen seiner Freskentafeln. Und es wurde deutlich, dass es durchaus Berührungspunkte gab, das Brüchige der Oberflächen, das Verblassen und Wiederauftauchen von Linien und Konturen, Fehlstellen und Übermalungen.

Wie schon erwähnt – Wolfgang Kutzner ist ein sehr ernsthafter Künstler. Er nimmt es mit sich und seiner Arbeit sehr genau, und es erfüllt mich mit Bewunderung, mit welcher Hingabe und Intensität er sich in seine Arbeit vertieft.

Da ist zum einen die Auseinandersetzung mit seiner Malerei, dazu gehört eine gewisse Experimentierfreude, besonders mit den verschiedenen Materialien.
Und es gehört dazu das Zeichnen, vor der Landschaft in der heimischen Eifellandschaft oder auf Reisen nach Malta oder Andalusien, oder auch das Zeichnen vor den im Atelier aufgebauten Stilleben.

Beachten Sie bitte als besonders schönes Beispiel das kleine Stilleben mit der zarten Zeichnung eines Pinsels in einem Glas.

Von Max Liebermann stammt der Satz: Ein guter Zeichner muß nicht unbedingt ein guter Maler sein, aber ein guter Maler muß immer auch gut zeichnen können. Das kann Wolfgang Kutzner.

Zum anderen hat sich im Laufe der Zeit die Beschäftigung Wolfgang Kutzners mit den pompejanischen Fresken intensiviert. Ihn interessiert nicht nur das oberflächliche Bild, sondern auch die Maltechnik, das Verarbeiten und Verwenden von Farbpigmenten.

Wichtig ist weiter die Beschäftigung mit dem Nachvollziehen von Oberflächenstrukturen, die er für seine Malerei nutzt, für die Umsetzung seiner Themen.

Er entwickelt eine vielschichtige Maltechnik, die etwas einbindet wie Zeit, Lebensspuren, Vergänglichkeit, Wandlung.

Im Laufe der Jahre zeigt das Studium der antiken Malerei deutliche Spuren in seiner Arbeit, es scheint, als würde Wolfgang Kutzner in seiner Malerei zu einer Art Archäologen, der seine Bilder nicht malt, sondern freilegt.

In diesem Sinne ist es ein doppeltes Vergnügen, die Werke von Wolfgang Kutzner hier an diesem Ort zu sehen.